Wahlmodul C9: AK Kulturwissenschaftliche Architekturforschung

Die großen Flüchtlingscamps der Gegenwart für 100.000 Menschen oder noch weit mehr werden oft als instant cities bezeichnet. Town und Zaun haben gemeinsame sprachliche Wurzeln, und in der römischen Antike wurden Militärlager und Stadt nach denselben Prinzipien geplant. Was unterscheidet aber eine moderne Stadt von einem Lager? Wo verlaufen Grenzlinien zwischen beiden und wo gibt es womöglich Schnittmengen?

In diesem Vertiefungsmodul nehmen wir die offensichtliche Verwandtschaft zwischen Lager und Stadt – camp und town – in den Blick und ergründen die Problematiken dieser Beziehung. Es geht uns um Fragen nach Grenzen und Schwellen, nach (politischen) Verteilungen, Lenkung und Kontrolle von Bewegungen von Menschen im Raum, nach eingeschriebenen gesellschaftlichen Normierungen, Hierarchien und Ungleichheiten, nach der organisatorischen Bedeutung und Trennung von Funktionen, der (Er-)Schließung sowie der Inklusion und Exklusion.

In den Seminaren des Moduls lesen und diskutieren wir gemeinsam Schlüsseltexte zu Theorien des Lagers und der modernen Stadtplanung und erarbeiten eigene Texte zu ausgewählten Themen. In der Übung wiederum widmen wir uns konkreten Beispielen. Dabei untersuchen wir zeichnerisch Plangraphiken (Lagerpläne, Stadt- und Siedlungspläne) und übersetzen unsere Analysen daraus in anschauliche Diagramme. Zwei eintägige Exkursionen (zu einer modernen Gartenstadt in Linz und zu einem ehemaligen Flüchtlingslagerareal aus dem Ersten Weltkrieg) geben Gelegenheit, Planung, Umsetzung und Nachwirkung an Beispielen vor Ort zu vergleichen. Die Ergebnisse des Moduls fassen wir in zwei, von uns selbst gestalteten Booklets zusammen.