Das Institut für Architekturtheorie, Kunst- und Kulturwissenschaften ist eine inter- und transdisziplinäre Einrichtung, die sich aus verschiedenen Blickwinkeln mit theoretischen und historischen Fragen der Architektur in einem breiten künstlerischen und kulturellen Kontext befasst. Viele Forschungsprojekte und Lehrveranstaltungen des Instituts arbeiten disziplinen- und methodenübergreifend, sodass die drei Fachgebiete mit ihren jeweiligen Wissenskulturen eng miteinander vernetzt sind: Architekturtheorie beschäftigt sich mit der theoretischen Begründung von architektonischen Konzepten, Entwürfen und Realisierungen sowie mit der Reflexion der theoretischen Prämissen von Architekturkritik. Letzten Endes versucht sie eine theoretisch fundierte Antwort auf die immer gleiche Frage zu finden, wie und was im jeweiligen Kontext Architektur ist und wie sie sein soll. Als akademisches Fach ist die Architekturtheorie relativ jung; sie verfügt deshalb noch über keine eigene Methode und bedient sich eines breiten geisteswissenschaftlichen Methodenspektrums. Architekturtheorie wird am Institut historisch (als Geschichte der Architekturtheorie), systematisch (als Ontologie der Architektur) und prospektiv (als Theorie gegenwärtigen/zukünftigen Entwerfens) betrieben. So werden derzeit etwa die theoretischen Grundlagen der sogenannten „Grazer Schule“ (und der Architekturlehre an der TU Graz), die Ideologie des Vereins für Heimatschutz oder die Frage des Verhältnisses von Architektur und Neoliberalismus untersucht – Themen, die auch in die Kunst- und Architekturgeschichte hinein reichen. Schließlich betreut das Institut federführend die jährlich erscheinende Fakultätszeitschrift GAM, die das internationale wissenschaftliche Aushängeschild der Architekturfakultät der TU Graz darstellt. Die Kunstwissenschaft bzw. Kunstgeschichte behandelt alle Gebiete der Architektur-, Kunst- und Designgeschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart in historiografischer wie hermeneutischer Form. Zentrale Methoden sind dabei die Stilkritik, Strukturanalyse, Ikonographie, Ikonologie, Rezeptionsästhetik sowie kritische Ansätze wie Gender Studies und Postcolonial Studies. Für die Arbeit an der TU Graz steht die Frage nach der Architektur als Kunst (und integrativer Bestandteil der Kunstgeschichte), das Verhältnis von aktueller Kunst- und Architekturproduktion und die (in Mitteleuropa meist vernachlässigte) Einbeziehung der Kunstgeschichte Asiens, Afrikas, Altamerikas und Ozeaniens in die ansonsten dominierende westliche Kunstgeschichte im Mittelpunkt. In diesem Zusammenhang stehen etwa die langjährigen Forschungen des Instituts zu den buddhistischen Klöstern im westlichen Himalaya. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Kunstgeschichte der Moderne und Gegenwart, die vorwiegend aus einer kulturhistorischen bzw. kulturwissenschaftlichen Perspektive betrachtet wird, wie im aktuellen Forschungsprojekt zur kunst- und architekturgeschichtlichen Relevanz des Hygienediskurses seit Aufklärung. Die aus den Cultural Studies entstandenen Kulturwissenschaften entwickelten sich als Alternative zur traditionellen Literatur- und Kunstwissenschaft und haben per se transdisziplinären Charakter. Vom Gegenstandsbereich ohne feste bzw. sehr weite Grenzen (immerhin umfasst Kultur alle Gewohnheiten und Kommunikationsformen einer Sozietät), befassen sie sich vornehmlich mit populärkulturellen Phänomenen und Praktiken sowie mit der Geschichte und Theorie der Kulturtechniken und der alten und neuen Medien. In die herkömmliche Wissenschaftswelt brachten die Kulturwissenschaften eine Enthierarchisierung des Diskurses, eine in hohem Maße selbstkritische Grundhaltung und einen (bis dahin verpönten) aktivistischen Ansatz ein. Theoretisch stark von der Semiotik und dem Poststrukturalismus geprägt, verkörpern die Kulturwissenschaften weniger ein Fach als eine spezifische wissenschaftliche Haltung und ein Interesse für neue, unorthodoxe Fragestellungen. Architektur kulturwissenschaftlich zu betrachten kann z. B. heißen, sie als Massenmedium zu begreifen. Darüber hinaus untersuchen die Kulturwissenschaften den außerarchitektonischen Kontext von Architektur. Die diesbezügliche Forschungs- und Lehrtätigkeit am Institut umfasst visuelle und auditive Kultur (z. B. Fotografie und Radio), eine medientheoretische Reflexion von virtuellen Räumen, kulturelle und materielle Randphänomene wie Staub und Abfall, aber auch die Analyse des (nicht nur) architektonischen Entwerfens als einer eigenen Kulturtechnik. Die daraus entwickelte Entwurfstheorien wirken wiederum befruchtend auf die Architekturtheorie.