Symposium: Stranger than Architecture

Das Prinzip der Verfremdung ist eines der zentralen Themen der Ästhetik der Moderne. Seine erste Nennung erfuhr es bei den Russischen Formalisten. In den dreißiger Jahren übernahm der Deutsche Dramatiker Bertolt Brecht den Begriff, gab ihm aber im Rahmen seiner „Theorie des Epischen Theaters“ eine ganz eigene Wendung. Für ihn war die Verfremdung eine künstlerische Strategie, um „einem Vorgang oder einem Charakter das Selbstverständliche, Bekannte, Einleuchtende zu nehmen und über ihn Staunen und Neugierde zu erzeugen“ um den Zuschauer aus der Passivität des reinen Betrachtens heraus zu reißen und zu einem selbstbewussten Handeln zu animieren.

Dieses Potential, eingeschliffene Verhaltensroutinen außer Kraft zu setzen, macht das Prinzip der Verfremdung auch heute wieder zu einem Thema in der Kunst, dem Film, der Werbung und besonders auch der Architektur. Vor diesem Hintergrund präsentierte das Symposium „Stranger than Architecture“ vier europäische Architekturbüros, die sich in ihrer Arbeit zentral mit architektonischen Verfremdungstrategien auseinandersetzen: 51N4E (Belgien), BeL (Deutschland), Sadar Vuga (Slowenien) und Splitterwerk (Österreich).
Um eine intensive Auseinandersetzung zu erzeugen, experimentierte das Symposium mit einem besonderen Veranstaltungsformat, in dem die Diskussion einen ebenso wichtigen Stellenwert einnahm wie die Vorträge. Nach jedem der vier Vorträge wurden die drei jeweils nicht vortragenden Architekten gebeten, auf den gehörten Vortrag zu reagieren. Auf diese Weise wurde jede/r Architekt/in dazu eingeladen sowohl als Vortragende/r als auch Diskutant/in zum Thema des Symposiums zu sprechen. Die verschiedenen Ansätze wurden somit nicht nur einfach präsentiert, sondern in ein diskursives Verhältnis zueinander gestellt.

 

Vortragende:

• Andreas Ruby (Berlin/Gastprofessor IAKK): Stranger than Architecture. Strategien der Verfremdung in der zeitgenössischen Raumproduktion

• Peter Swinnen (51N4E, Brüssel)

• Mark Blaschitz (Splitterwerk, Graz)

• Anne-Julchen Bernhardt & Jörg Leeser (BeL, Köln)

• Bostjan Vuga (Sadar Vuga Arhitekti, Ljubljana)